Hekate by Jeff Cullen
Psychopompos ist ein griechisches Wort und bedeutet Seelenführer. Damit waren Geister und Götter gemeint, die in der Lage waren die Geister von Toten in die Unterwelt zu führen. Zu diesen Gottheiten zählten Hermes, Anubis und Hekate.
Aus der antiken Weltsicht gab es nach dem Tod mehrere Möglichkeiten, was nach dem Tod geschieht.
Die erste Möglichkeit war als Geist auf der Welt der Sterblichen zu bleiben. Dies konnte aus verschiedenen Gründen passieren. Menschen die vor ihrer Zeit gestorben sind, blieben als Geister auf der Erde, vor allem junge Frauen die unverheiratet oder ohne Kinder verstarben, waren nach dem alten Glauben, besonders gefährdet ihren Weg in die Unterwelt nicht zu finden. Auch Menschen die keine ordentlichen Begräbnisse erhalten hatten. Doch auch Menschen die eines plötzlichen oder Gewaltsamen Todes gestorben sind. Man glaubte diese Geister würden in der Welt der Sterblichen umherirren, vor allem an Wegkreuzungen, Friedhöfen und Verbrennungsplätzen. Die Menschen brachten ihnen regelmäßig Opfergaben dar, um sich mit ihnen gut zu stellen. Da diese umherirrenden Geister durchaus in der Lage waren negativ auf die Lebenden einzuwirken. Die Göttin Hekate wurde als die Herrin über diese Geister gesehen und es heißt diese hätten die Göttin nachts begleitet, wenn sie mit ihren brennenden Fackeln über die Wegkreuzungen der Erde wanderte. Und es lag in der Macht der Göttin diesen Geistern Erlösung zu schenken und sie in die Unterwelt zu führen.
Die Unterwelt liegt unterhalb der materiellen Welt und wird von den Göttern Hades und Perssephone beherrscht.
In der Unterwelt gibt es drei Ebenen in die die Geister eingehen können. Zum einen die Asphodill Wiesen, ein neutrales Reich auf dem die Geister als Schatten existieren. Durch das trinken aus dem Lethefluss werden sie von ihren Erinnerungen und ihrer Persönlichkeit befreit und verbringen auf den Wiesen ihre weitere Existenz. Dieser Ort ist den meisten Geistern vorbehalten. Die zweite Ebene ist der Tartaros, ein tiefer und dunkler Ort, an dem die Geister verbannt werden, die Gräueltaten begangen haben. Ein Ort der Strafe. Und als dritte Möglichkeit befindet sich das Elysium in der Unterwelt, ein Reich der Glückseligkeit in der die Geister in ewiger Freude weiterleben. Dieses Reich ist besonderen Menschen vorbehalten, die durch ihre Taten den Segen der Götter erlangt haben. Auch sie mussten von dem Lethefluss trinken, doch einige wenige konnten in das Elysium eintreten ohne aus diesem Fluss trinken zu müssen- Menschen die in die Mysterien eingeweiht wurden, war es erlaubt ihre Erinnerungen und ihre Identität zu behalten.
Nachdem die Geister von Hekate oder Hermes in die Unterwelt geführt wurden (oder durch den Fährmann Charon über den Styx gebracht wurden) werden die Geister von ihnen auf eine Wegkreuzung geführt. An dieser wird entschieden in welches der Reiche die Geister weiter geführt werden. In den frühen Vorstellungen gibt es drei Richter an diesem Kreuzweg. In späteren Zeiten glaubte man Hekate würde über die Menschen richten und die Geister ihren entsprechenden Reichen zuteilen.
Somit haben Hekate und Hermes als Psychopompoi für die Menschen eine wichtige Bedeutung, durch ihre Intervention werden die Geister der Menschen in die Unterwelt geführt und in ihre jeweiligen Reiche. Und Hekate hat auch einen direkten Einfluss darauf, wer in welches Reich geführt wird.
Doch blieben die Geister ewig in der Unterwelt? In den alten Quellen wird nicht erwähnt ob der Tartaros, das Elysium und die Aphodill Wiesen ein ewiger Aufenthaltsort sind. Doch die Lebenden konnten durch nekromantische Rituale durchaus noch Kontakt zu den Geistern in der Unterwelt herstellen. Und ihnen für kurze Zeit durch Tieropfer Lebenskraft zuführen, somit ihnen während des Rituals ihre Erinnerungen und ihre Identität zurück bringen. Hekate spielt bei diesen Praktiken eine wichtige Rolle, da sie die Geister aus jedem der drei Reiche zu der Hexe, oder dem Nekromanten führen konnte, der Kontakt zu ihnen herstellen wollte. Und Hekate konnte die Geister aus jedem der drei Reiche, auch in ihrem nächtlichen Schwarm über die Erde führen, oder sie zu den Sterblichen herauf schicken.
In einigen philosophischen Strömungen und Mysterienkulten glaubte man an eine Wiedergeburt der Seele. Die Unterwelt war somit nur ein Ort der Erneuerung. Und wieder spielte Hekate als Psychopompos die Rolle, die Seelen aus der Unterwelt zu führen und in ihre neue Existenz. In dieser Rolle wird Hekate mit dem Mond verbunden, da dieser in der Spätantike als ein Übergangsort für die Seelen gedacht wurde. Eine Art Wegkreuzung an der die Göttin entscheidet, welchen Weg die jeweilige Seele einschlägt. Wird sie wieder auf die Erde geschickt um sich erneut zu inkarnieren, wird sie als Daimon neu entstehen und somit zu einem Mittler zwischen den Welten oder wird sie aus den Kreisläufen des Kosmos enthoben und geht in das Feuer des Urgöttlichen ein.
In der Spätantike glaubte man die Weltseele würde aus Hekate entspringen und wäre eine Emanation der Göttin. Die einzelnen Seelen wiederum entsprangen aus dieser Weltseele und wurden als Teile der Weltseele gesehen. Somit war Hekate ein Quell der Seelen, die als Seelenführerin über die Seelen wacht.
Auch für die Göttin der Unterwelt selbst. ist Hekate eine Führerin und Begleiterin. Hades hatte Persephone in die Unterwelt entführt und zu seiner Braut gemacht und seit dem bleibt sie ein drittel des Jahres in der Unterwelt und weilt zwei drittel des Jahres auf der Erde bei ihrer Mutter Demeter. Hekate führt Persephone bei ihrem jährlichen aufstieg aus der Unterwelt in die Welt der Lebenden und ebenso bei ihrem Abstieg aus der Welt der Lebenden in die Unterwelt und das Reich der Toten, wo sie als ihre Königin neben Hades herrscht.